Herr Schöppner, die Bayern kommen nach dem Spiel gegen Inter Mailand mit Frust und Wut im Bauch nach Heidenheim, wäre Ihnen ein Bayernsieg lieber gewesen?
Generell schon, denn bei solchen Spielen unterstütze ich immer die deutschen Mannschaften. Auch für uns wäre es nicht schlecht gewesen. Natürlich mussten die Bayern auch in Mailand über 90 Minuten alles geben, aber vielleicht kommen sie nun wirklich mit mehr Frust und Willen, um das Ausscheiden in der Liga wieder gutzumachen und wir bekommen nun den Bayern-Frust ab. Aber dass das Spiel schwierig wird, war ja sowieso klar.
Nach dem Ausscheiden in der Königsklasse bleibt dem FC Bayern nur die Meisterschaft als möglicher Titel übrig. Könnte das nicht auch ein Hemmschuh sein?
Solch ein Spiel und ein Aus in der Champions League beschäftigt einen als Spieler natürlich. Sie wollten unbedingt das Finale in München spielen und haben den Fokus darauf gelegt. Das zehrt Kräfte – sowohl in den Beinen als auch im Kopf. Sie sind zudem auch nicht so aufgestellt, dass sie da personell komplett durchwechseln können. Das könnte vielleicht ein kleiner Vorteil für uns sein.
Was macht Ihnen ansonsten Hoffnung für das Duell an der Brenz?
Das hört sich nach unserem 0:3 in Frankfurt jetzt blöd an, aber vor allem die letzten Spiele. Auch gegen Leverkusen zuvor hat man gesehen, dass wir gegen große Mannschaften gegenhalten können. Gegen Frankfurt hatten wir unsere Chancen und daran müssen wir einfach arbeiten, diese zu nutzen. Denn wenn man gegen die großen Vereine wie Bayern Möglichkeiten hat, und davon wird es nicht so viele geben, dann muss man diese auch verwandeln.
Wie war die vergangene Trainingswoche mit Blick auf das Spiel gegen den Rekordmeister? Gab es irgendwelche besonderen Maßnahmen?
Wir haben am Mittwoch das erste Mal trainiert und vor allem am Zweikampfverhalten und an Umschaltsituationen gearbeitet. Ab Donnerstag ging es dann um Taktik. Wir sind alle gut rein gestartet.
Was hat Frank Schmidt an einprägsamen Worten zum Thema Zweikampfverhalten denn gesagt?
Dass es daran liegen wird im Spiel und wir die Eins-gegen-eins-Duelle für uns entscheiden müssen. Wir müssen die bessere Zweikampfquote in den Defensivzweikämpfen haben, aggressiv reingehen und mannschaftlich dagegen arbeiten. Dann wird es für die Bayern ungemütlich.
Gerade spielerisch starke Teams liegen unserem Spiel.
Jan Schöppner
Gegen Mannschaften aus der oberen Tabellenregion war der 1. FC Heidenheim immer dicht dran, konnte aber selten etwas mitnehmen. Liegt das an der Qualität des Gegners oder tut sich Ihr Team taktisch schwer, wenn es gegen starke Gegner reagieren muss und nicht gezwungen ist, selber das Spiel zu machen?
Ich würde das so nicht unterschrieben. Gerade spielerisch starke Teams liegen unserem Spiel. Wir wollen verteidigen, stark pressen und hohe Ballgewinne und so Umschaltsituationen erzeugen. Dann haben wir keine weiten Wege zum Tor und das ist der Heidenheimer Stil. Aber ja, statistisch gesehen, liegen uns diese Saison eher die mittleren und unteren Teams der Tabelle.
Nach dem Spiel gegen Bayern kommt es zum Landesderby gegen Stuttgart. Sind dies Bonusspiele, da niemand wirklich etwas von Ihrem Team erwartet?
Ich würde es nicht Bonusspiele nennen. Vor allem in der vergangenen Saison haben wir auch gegen große Teams etwas geholt. Wir waren die vergangenen Monate oft nah dran und jetzt wird es eben Zeit, mal nicht nah dran zu sein, sondern Punkte mitzunehmen. Zudem haben wir ja auch in der Vergangenheit schon bewiesen, dass wir zu Hause gegen Bayern etwas holen können. Und auch in Stuttgart werden wir nicht chancenlos sein.
Keine Bonusspiele und ein ganz wichtiges Duell
Bochum, Union Berlin und Werder Bremen sind die anschließenden und auch letzten Gegner der Saison. Vor allem das Duell gegen Bochum dürfte entscheidend für den Kampf zumindest um den Relegationsplatz sein, oder?
Es kommt natürlich auf die kommenden Spiele an, aber das könnte durchaus so sein. Wir müssen zusehen, dass wir bis dahin am besten vor Bochum bleiben und dann dieses direkte Duell für uns entscheiden.
Auch wenn man im Fußball nie “Nie” sagen sollte, scheint die direkte Rettung bei sieben Punkten Abstand zu Rang 15 in weiter Ferne. Schauen Sie darauf überhaupt noch?
Vor dem vergangenen Spieltag hatten wir noch große Hoffnungen. Unsere Niederlage und vor allem das Siegtor von St. Pauli in der letzten Minute in Kiel, macht Optimismus dahingehend nun aber schwierig. Natürlich hat man immer noch Resthoffnung, aber realistisch gesehen glaube ich nicht mehr an den direkten Klassenerhalt. Davon unabhängig ist unser klares Ziel den Klassenerhalt über die Relegation zu schaffen.
Verfolgen Sie mit Sicht auf mögliche Relegationsgegner schon den Aufstiegskampf in der 2. Liga?
Natürlich. Generell ist die Liga sehr spannend. Und in unserer Situation guckt man da noch genauer hin.
Was halten Sie eigentlich von diesen beiden Entscheidungsspielen, die meist zu Gunsten der höherklassigen Mannschaft ausgehen?
Ich bin da kein großer Fan von. Für die Zuschauer ist da vielleicht ein Reiz beim Zuschauen, aber für uns Spieler ist es eine körperliche Mehrbelastung, auch wenn man dadurch noch seine Saison retten kann. Zudem sagen Sie es, generell hat der aus der höheren Liga immer den Vorteil und sollte sich da durchsetzen.
Vergangene Saison hat Heidenheim 55 Gegentore kassiert, aktuell steht ihr Team nach 29 Spieltagen schon bei 56. Was ist diese Saison anders?
Ich würde nicht sagen, dass die Abwehr das Problem ist. Die Doppelbelastung mit dem internationalen Geschäft war ein Faktor, der Kräfte gekostet hat, aber natürlich können wir es nicht nur darauf schieben. Ich glaube, dass wir in diesem Jahr in vielen Spielen das Spielglück nicht hatten und oft ein früher Gegentor klassiert haben. Dann tut man sich entsprechend schwer und bekommt Gegentore.
Was macht Ihnen Mut im Abstiegskampf? Wie ist die Stimmung in der Mannschaft und wie im Vergleich zu den vergangenen Jahren, immerhin sind Sie schon seit 2020 im Verein?
Das vergangene Jahr ist natürlich kein Vergleich, da waren wir zu dem Zeitpunkt kurz vor dem Klassenerhalt. Da war die Stimmung super. Jetzt wissen wir, dass wir bis zum Schluss zittern müssen. Was mich positiv stimmt, ist die Stimmung in der Mannschaft. Hier gibt es keinen Stinkstiefel, alle sind positiv gestimmt und kämpfen für den Mannschaftserfolg. Wenn man die letzten fünf Spiele nimmt, sieht man, dass wir eine gute Form haben und deshalb bin ich überzeugt, dass wir den Klassenerhalt am Ende schaffen werden.